Vom Labor auf den Markt

Im letzten Jahr sind an der UZH fünf neue Spin-offs entstanden, die ihre forschungsbasierten Ideen zur Marktreife bringen. Die neuen Firmen entwickeln innovative Ansätze zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen, Bleivergiftungen, Blutkrebs und Endometriose sowie zur besseren Diagnostik in der Mundgesundheit.

Jährlich gründen talentierte Studierende und Forschende der Universität Zürich eigene Unternehmen und erwecken innovative Geschäftskonzepte zum Leben. Im letzten Jahr haben fünf Teams einen Lizenzvertrag mit der UZH unterzeichnet, um neue Methoden und Technologien zu kommerzialisieren. Die neuen Spin-offs beruhen auf Forschungsarbeiten in den Bereichen Medizin, Zahnmedizin und Chemie.

Bessere Mundgesundheit

Digitale Scantechnologien, dank derer man die Zähne und den Mundinnenraum mit optischen Kameras hochpräzise vermessen kann, sind in Zahnarztpraxen zunehmend verbreitet. Diese Scan-Daten eröffnen – neben der Herstellung von Zahnersatz – vielfältige diagnostische Möglichkeiten. Das Spin-off Dentexion entwickelt eine Softwareplattform, die es Zahnärzt:innen erlaubt, 3D-Daten von Patient:innen zu analysieren und Veränderungen über die Zeit zu bewerten. Die Technologie, entwickelt an der Abteilung für Computergestützte Restaurative Zahnmedizin, analysiert 3D-Scans mittels KI auf Komponenten wie Zähne, Zahnfleisch und Knochen, um dann krankhafte Veränderungen frühzeitig zu erkennen und zu dokumentieren, was gerade bei Abbau von Zahngewebe oder Entzündungen hilfreich ist.

Hoffnung bei Bleivergiftungen

Nahrung, Leitungswasser oder auch Luftpartikel, die mit Blei kontaminiert sind, bergen Gesundheitsrisiken. Bereits geringe Mengen des Schwermetalls können zu Nierenschäden, Anämie, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Versagen sowie kognitiven und neurologischen Beeinträchtigungen führen.

Derzeit gibt es nur zwei Medikamente zur Behandlung schwerer Bleivergiftungen. Über 90 Prozent der diagnostizierten Fälle bleiben unbehandelt. Das will die Chemikerin Michal Shoshan mit ihrem Spin-off metaLead Therapeutics AG ändern. Sie und ihr Team am Institut für Chemie haben neuartige kurze Peptide entwickelt, die die Nachteile herkömmlicher Therapien überwinden. Von den rund 50 synthetisierten Peptiden zeigen acht vielversprechende Eigenschaften. Der führende und im Tiermodell getestete Wirkstoffkandidat senkte den Bleigehalt in Blut, Gehirn und Leber signifikant, ohne die essenziellen Metallkonzentrationen zu beeinträchtigen.

Immuntherapie gegen Blutkrebs

Das Spin-off ATLyphe AG entwickelt Antikörper zur Stimulation von Immunzellen, die in Zukunft für die Behandlung von Blutstammzellerkrankungen angewendet werden könnten. Das aktuelle Hauptprojekt fokussiert einen Antikörper, der T-Zellen aktiviert, um Akute Myeloische Leukämie zu bekämpfen. Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeiten zwischen kranken Leukämiezellen und gesunden Blutstammzellen könnte dieser biospezifische Antikörper zukünftig auch vor der Transplantation von fremden oder genetisch korrigierten blutbildenden Stammzellen zum Einsatz kommen. Dies wäre nicht nur für Patient:innen mit akuter myeloischer Leukämie, sondern auch für Patient:innen mit anderen Leukämien und angeborenen Bluterkrankungen eine vielversprechende Behandlungsoption. Demnächst wird mit einer Phase-I-Studie die Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie bei Menschen mit akuter myeloischer Leukämie überprüft. ATLyphe basiert auf Forschungsarbeiten an der UZH und ETH Zürich. Es wird geleitet von Markus Manz, Professor für Hämatologie und Direktor der Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie am Universitätsspital Zürich, und Dario Neri, Professor an der ETH Zürich.

Neue Endometriose-Therapie

Das Spin-off FimmCyte forscht an einer neuen Behandlung für Endometriose, eine Krankheit, bei der Gebärmutterschleimhaut-ähnliche Zellen ausserhalb der Gebärmutter wachsen. Endometriose verursacht oft starke chronische Schmerzen; weltweit sind schätzungsweise rund 10 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter davon betroffen. Statt der üblichen Hormonbehandlungen oder Operationen setzt FimmCyte auf eine Antikörpertherapie. Die von der Jungfirma entwickelten Antikörper erkennen ein bestimmtes Protein, das in Endometriosezellen übermässig vorhanden ist, und ermöglichen so eine direkte Behandlung der betroffenen Gewebe.

Die wissenschaftliche Entdeckung stammt aus dem Labor von Brigitte Leeners, UZH-Professorin für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Die Nachwuchsforschenden Valentina Vongrad und Mohaned Shilaih aus ihrem Team haben diese spezifische Proteinüberexpression entdeckt und daraufhin die Antikörpertherapie entwickelt. Aktuell befindet sich die Behandlung in der Testphase.

Innovativer Therapieansatz für Autoimmunerkrankungen

Seito Biologics AG entwickelt eine neue Immuntherapie gegen Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes, multiple Sklerose, rheumatoide Arthritis und systemischer Lupus erythematodes. Anders als herkömmliche Behandlungen, die das Immunsystem unterdrücken und so das Infektions- und Krebsrisiko erhöhen, setzt das Spin-off auf die Regulierung des Immunsystems. Dazu arbeitet das Spin-off an einer Therapie mit Treg-Zell-Engagern. Diese zielen darauf ab, regulatorische T-Zellen, auch bekannt als Treg-Zellen, zu verbessern. Treg-Zellen helfen, das Immunsystem in Schach zu halten, indem sie übermässige oder fehlgeleitete Immunreaktionen verhindern. Die Therapie verbessert sowohl die Funktion als auch die Anzahl dieser Treg-Zellen. Damit stabilisiert sie das Immunsystem und verhindert so, dass es sich fälschlicherweise gegen den eigenen Körper richtet, was bei Autoimmunerkrankungen der Fall ist. Die vielversprechende Therapie basiert auf Forschungen des UZH-Lehrstuhls für Klinische Immunologie und Allergologie.

Bemerkenswerte Erfolge

Seit 1999 entstanden an der UZH 152 Spin-offs, von denen 129 (85%) weiterhin aktiv sind. Dieses Ergebnis ist insofern bemerkenswert, als gemäss aktueller Zahlen des Bundesamts für Statistik die landesweite Überlebensrate neugegründeter Unternehmen nach fünf Jahren nur bei rund 50% liegt. Einige dieser UZH-Spin-offs zeichneten sich im vergangenen Jahr durch besonderen Erfolg aus.

Innovationsförderung an der UZH

Die Universität Zürich fördert die Gründung von Start-ups und Spin-offs aktiv durch ihre Forschende, Doktoranden, Studierende, Mitarbeitende und Alumni. Die Bezeichnung Spin-off wird spezifisch für Firmen verwendet, die einen Lizenzvertrag mit der UZH abgeschlossen haben. Seit 2017 verleiht die UZH auch das UZH Startup Label, das die Verbundenheit zur Hochschule kennzeichnet und die Glaubwürdigkeit bei Kunden und Investoren steigern kann. Die Vergabe dieses Labels basiert auf Kriterien, wie der Beziehung der Gründer:innen zur UZH, der Rechtsform, dem Innovationspotential, einem skalierbaren und ethischen Geschäftsmodell sowie einer soliden Anfangsfinanzierung. Im letzten Jahr wurden acht Unternehmen mit dem UZH Startup Label ausgezeichnet.

UZH Entrepreneur Fellowships

Mit den UZH Entrepreneur Fellowships stellt die Universität Zürich jungen Wissenschafler:innen, die auf der Basis von UZH-Forschung ein Unternehmen gründen wollen, finanzielle Mittel, Coaching, Training und Laboreinrichtungen zur Verfügung. Die Mitgründer:innen der neuen Spin-offs metaLead Therapeutics AG, FimmCyte AG und Seito Biologics AG – Michal Shoshan, Valentina Vongrad und Ufuk Karakus – wurden durch das UZH Entrepreneur Fellowship gefördert. Das Programm wird durch grosszügige Donationen der Werner Siemens Stiftung und der Hans Eggenberger Stiftung ermöglicht.

UZH Innovation Hub

Die Drehscheibe für Innovation und Unternehmertum an der Universität Zürich ist der UZH Innovation Hub. Er beschleunigt als Katalysator die Weiterentwicklung von neuen Erfindungen und Ideen und stärkt den Transfer von innovativer Forschung und Lehre in Wirtschaft und Gesellschaft.

Autor: Nathalie Huber, UZH

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