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Wie sieht der Gebäudebau von morgen aus? Diese Frage beantworteten Expert*innen aus Industrie, Bildung und Forschung an der Fachveranstaltung «Innovative Bautechnologien» im Innovationspark Zürich. Dabei zeigte sich: Vor allem der Klimaschutz und der Fachkräftemangel erfordern innovative Lösungen.
Drucken in der dritten Dimension ist keine Vision mehr, sondern Wirklichkeit. Heute kommen 3D-Drucker auf Baustellen zum Einsatz, wo sie in zackigen, millimetergenauen Bewegungen eine Wand nach der anderen hochziehen. Komplett digitalisiert und automatisiert. Wie 3D-Druck und andere fortschrittliche Bautechniken funktionieren, haben die rund 100 Teilnehmenden an der Veranstaltung «Innovative Bautechnologien» im Innovationspark erfahren.
Diverse Referate aus den Bereichen Industrie, Forschung und Bildung liessen keine Zweifel daran: Die gesamte Branche ist fit für die Zukunft. Im Fokus standen diverse Druckmethoden – um «KARLOS», den Grossraumdrucker des deutschen Herstellers Putzmeister, dürften Baufirmen nicht herumkommen. Putzmeister-Ingenieur Arthur Martinevski erläuterte in seiner Präsentation weshalb: «Das Bauwesen ist einer der grössten Wirtschaftszweige der Welt. Weil aber Fachkräfte fehlen, sinkt die Produktivität.»
«KARLOS» kann dem entgegenwirken, sein Einsatz spart Baupersonal und Zeit. Hinzu kommt, dass der 3D-Drucker vollelektrisch betrieben wird und nur wenige Emissionen verursacht. Zudem verarbeitet er Transportbeton – dieser ist nicht nur kostengünstiger als herkömmlicher Mörtel, sondern weist laut Martinevski auch eine bessere Öko-Bilanz auf.
«Innovation» bedeutet im Baubereich auch: die Umwelt schützen. Damit dies in der Baubranche gelingt, muss bereits bei der Lehre angesetzt werden. In einer Podiumsdiskussion debattierten Arthur Martinevski sowie die Bautechnologen und Hochschuldozenten Thomas Stocker (Campus Sursee), Christof Gipperich (Hochschule Biberach, D) und Konrad Graser (ZHAW) über die Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung.
Dabei wurde klar, dass «soft skills» an Bedeutung gewinnen. Auszubildende müssten heutzutage vor allem kommunikativ und im Umgang mit anderen Menschen geschult sein, erklärte Stocker. «Die klassischen Fachkompetenzen, sogenannte «hard skills›, machen in der Ausbildung nur noch rund 20 Prozent aus.»
Für den Biberacher Dozenten steht ausser Frage: «Die Digitalisierung ist eine Chance, die wir nutzen müssen, um die Baubranche voranzutreiben.» Dabei schielt er auch auf die «Generation Z»: Um sie zu erreichen, habe er an seiner Hochschule neue, auf die Jungen zugeschnittene Lernformate entwickelt. «Das ist wichtiger, als – salopp gesagt – zu versuchen, deren Gehirn umzukonstruieren.»
Vom Schulzimmer zurück in die Praxis: Dort investieren Werkzeug- und Baumaterialhersteller nicht bloss in die 3D-Drucktechnik. So präsentierten Malena Schulz und Senita Muharemagic vom Liechtensteiner Unternehmen Hilti den Gästen in Dübendorf eine firmeneigene Innovation: den halbautomatischen Bohrroboter «Jaibot»: Dieser kommt bei Einrichtungen und Montagen aller Art zum Einsatz und kann monotone Aufgaben übernehmen und die Fehlerquote bei Montagearbeiten reduzieren.
Auch die Entwicklung des Bohrroboters «Jaibot» ist eine Reaktion auf den Fachkräftemangel, wie Schulz sagt: «Wir von Hilti wollen die Leistungsfähigkeit auf Baustellen steigern.» Die Markteinführung neuer Produkte könne eine Herausforderung sein: Manager*innen würden beispielsweise auch den Nutzen eines Exoskelettes sofort erkennen – die Bauarbeitenden selbst fänden es aber anfangs meist weniger «cool». «Da braucht es Überzeugungskraft», erklärt Schulz.
Renommierte Unternehmen stecken viel Geld in die Entwicklung neuester Technologien – Geld, das den meisten Start-ups fehlt. Um deren vorhandenes Know-how zu «monetarisieren», hat die Hochschule für Technik Stuttgart mit zwei Partner-Gesellschaften «Groundbreakers» ins Leben gerufen. Die Initiative unterstützt Start-ups beim Ausklügeln des Geschäftsmodells oder bei der Skalierung.
«Groundbreakers» liefert Jungunternehmen zudem Kontakte: «Verschiedene Stakeholder sind Teil unserer Community», erklärte Mitgründer Johannes Felden. «Wir bringen Start-ups, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Investoren in einen produktiven Austausch.» Das Ziel dabei: die Bau- und Gebäudewirtschaft digitaler und nachhaltiger gestalten.
Neben einem guten Netzwerk sind Start-ups auch auf Fördergelder angewiesen. Anna Julia Schlegel von «Industry Relations» der ETH Zürich, Ralph Schmidhalter von Innosuisse und Anca-Georgiana Rusu von «Innovation Booster Robotics» präsentierten ihre Angebote und Finanzierungsmöglichkeiten. Zum Abschluss bot sich allen Teilnehmenden die Gelegenheit, am Netzwerk-Apéro neue Kontakte zu knüpfen.
(v.l.n.r.) Noémi Besedes, Moderatorin, Markus Müller, Co-leiter der Standortförderung des Amts für Wirtschaft und René Jähne vom NFS Digitale Fabrikation, im Event Hangar vom Innovationspark Zürich.
Alexander Züst von Solskin, und Vesna Kosorić von Zurich Soft Robotics. stehen neben ihrem Produkt, der Solskin von Zurich Soft Robotics. Solskin ist eine KI-gesteuerte Solarfassade für Gebäude.
(v.l.n.r.) Arthur Martinevski und Markus Frasch von der Putzmeister 3D Tec GmbH präsentieren ihren mobilen und hochautomatisierten 3D-Drucker KARLOS.
Ammar Mirjan, CEO von MESH Robotic Construction.
Fadri Furrer, CEO der Instructive Construction AG (incon.ai).
Yannic Schwarz, Mitgründer von Pelicad.
Alexander Werle und Felix Matschinske, beide Mitgründer von orto.
Johannes Felden und Stefanie Börsig von "Groundbreakers", der Innovationsallianz der Baubranche.
Mitarbeiter der Hilti Schweiz AG präsentieren den tragbaren "EXO-T-22 Gerätebalancer" für Baustellen.
Claudio Nägeli (rechts) von der SENN Development AG trägt eine VR-Brille.
(v.l.n.r.) Noémi Besedes, Moderatorin, Markus Müller, Co-leiter der Standortförderung des Amts für Wirtschaft und René Jähne vom NFS Digitale Fabrikation, im Event Hangar vom Innovationspark Zürich.
Martin Sturzenegger, Managing Director vom Innovationspark Zürich und Gastgeber der Fachtagung "Innovative Bautechnologien".
Ana Anton von der ETH Zurich präsentiert den weissen Turm von Mulegns («Tor Alva»), welcher mit 30 Metern Höhe das höchste 3D-gedruckte Bauwerk der Welt ist.
Marco Hutter von der ETH Zürich präsentiert ANYmal von ANYbotics.
Philip Leistner vom Frauenhofer-Institut für Bauphysik präsentiert ein Deckensystem aus Holz.
(v.l.n.r.) Markus Siemienik von der SBB, Benjamin Dillenburger von der ETH Zürich, Anita Eckardt von der Implenia AG, Marco Hutter von der ETH Zürich, Philip Leistner vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik und Noémi Besedes, Moderatorin.
Karolina Pajak von der Sika AG erklärt 3D Betondruck.
(v.l.n.r.) Yannic Schwarz von Pelicad, Vinzenz Trimborn von Alago, Alexander Werle von orto und Felix Matschinske von orto. Ihre Start-ups sind Teil der "Groundbreakers", der Innovationsallianz der Baubranche mit Sitz in Stuttgart.
(v.l.n.r.) Ralph Schmidhalter von Innosuisse, Noémi Besedes als Moderatorin, Anna-Julia Schlegel der ETH Zürich und Anca-Georgiana Rusu vom Innovation Booster Robotics.
Dominic Jud, CTO und Mitgründer von Gravis Robotics.
Vinzenz Trimborn, Mitgründer von Alago AI und Mitarbeiterin Ann-Christin Gah.
Mitarbeitende der Hilti Schweiz AG.
Matthias Leschok, Mitgründer und COO der SAEKI. Robotics AG mit Sitz in Bäretswil.
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Zürich – Der Zürcher Drohnenhersteller Wingtra kooperiert mit Metacon Canada. Der kanadische Anbieter modernster Bautechnologien bietet neu die professionellen Drohnen von Wingtra an. Sie sammeln hochpräzise Luftbilddaten in Vermessungsqualität.
Wingtra arbeitet neu mit dem von Calgary in der kanadischen Provinz Alberta, Fredericton (New Brunswick) und Halifax (Novia Scotia) aus operierenden Unternehmen Metacon Canada (MetaconX) zusammen, „um Kanadiern einen Vorsprung bei GIS zu verschaffen“, heisst es in einer Medienmitteilung. Die hochpräzisen, senkrecht startenden und landenden Drohnen des Zürcher Unternehmens sind auf GIS, das Geoinformationssystem für Kartierungstechnologie, spezialisiert.
MetaconX wurde 2022 gegründet. Seine Eigentümer bringen eigenen Angaben zufolge 75 Jahre Erfahrung bei Landvermessung, Ingenieur- und Bauwesen sowie 3D-Positionierung mit. Das Unternehmen ist ein führender Anbieter modernster Bautechnologien. Auf seiner Internetseite kündigt ein durchlaufendes Banner an, dass MetaconX nun ein offizieller Händler für Wingtra-Drohnen ist.
Dort präsentiert MetaconX Wingtra als „führenden Hersteller“ professioneller VTOL-Drohnen (Vertical Take-off and Landing), die speziell für die Luftbildvermessung und -kartierung in der Bauindustrie entwickelt wurden. „Wingtra-Drohnen bieten Baufachleuten eine effiziente und genaue Datenerfassung für eine verbesserte Projektplanung und -überwachung.“
Mit dieser neuen Partnerschaft nimmt die weitere Expansion jenseits des Atlantiks auch im Norden Amerikas Fahrt auf. Seit Februar 2023 kooperiert Wingtra mit der in der kanadischen Provinz British Columbia ansässigen Firma Above Sensing. Im März 2023 hat Wingtra eine Finanzierungsrunde der Serie B mit 22 Millionen Dollar abgeschlossen. Einer der Investoren, die Risikokapitalfirma DiamondStream Partners aus Seattle, kündigte damals einer Mittteilung zufolge an, Wingtra beim Eintritt in neue Märkte auf dem amerikanischen Kontinent zu unterstützen. Im Juni 2023 kamen neue Kooperationen mit den mexikanischen Firmen Systop und Sysmap zustande. ce/mm/Café Europe
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Zürich/Wallisellen ZH – Die Dozentur Bautechnologie und Konstruktion der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) und die Klimastiftung Schweiz fördern gemeinsam klimafreundliche Baustoffe und Methoden. Zudem wollen sie diese bekannt machen und im Markt etablieren.
Die Dozentur Bautechnologie und Konstruktion (BUK ETHZ) an der ETH und die Klimastiftung Schweiz arbeiten künftig hinsichtlich klimafreundlicher Baustoffe und Methoden zusammen. Laut einer gemeinsamen Medienmitteilung umfasst die Kooperation die Beurteilung der bei der Klimastiftung eingehenden Förderanträge sowie die Bekanntmachung der Fördermöglichkeiten und der geförderten Innovationen.
Neue klimafreundliche Materialien und Baumethoden seien notwendig für die Klimaadaption des Immobiliensektors. Um sie marktfähig und bekannt zu machen, müssten innovative Lösungen an Pilotprojekten getestet und demonstriert werden. Die BUK ETHZ werde die Praktikabilität von Innovationen ergänzend zur Klimastiftung Schweiz abschätzen und damit das Restrisiko vermindern helfen. Finanzielle Schwachpunkte könne die Klimastiftung ausgleichen.
„Erstanwendungen im Baubereich sind immer eine schwierige und risikoreiche Phase für neue Produkte und Methoden“, werden die beiden Dozenten Daniel Studer und Daniel Mettler von der BUK ETHZ zitiert. „Mit dieser Kooperation können wir da einen wichtigen Beitrag zur Transformation der Baubranche liefern. Das zeigen Spin-offs wie FenX oder Oxara aus dem Umfeld der ETH, die von der Klimastiftung gefördert wurden.“
FenX verwandelt mineralische Abfälle in leistungsstarke und nachhaltige Dämmstoffe für die Bauindustrie. Oxara entwickelt zementfreie Zusatzmittel und Bindemitteltechnologie, die das Upcycling von Bauschutt und Aushubmaterialien in einer Vielzahl von Beton- und Blockanwendungen ermöglicht. ce/mm
Die FenX-Wärmedämmung hat einen niedrigen CO2-Abdruck und ist gut recyclierbar. Bild: zVg/Klimastiftung Schweiz
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Ein Architektur-Doktorand der ETH Zürich hat mit zementfreien Mineralschäumen aus Industrieabfällen leichte und isolierende Wandelemente gedruckt. Diese könnten dereinst Heiz- und Kühlungskosten von Gebäuden reduzieren und helfen, Baumaterialien effizienter einzusetzen.
In der grossen Halle des Forschungs- und Robotiklabors Arch Tec Lab auf dem Hönggerberg: Von der Decke hängen mehrere Roboterarme, am Boden stehen halbfertige beigefarbene geschwungene Gebilde, die an Skulpturen aus Sand erinnern. Auf einer Seite des Raums ragen aus Holzkisten rätselhafte Elemente.
Vor einer dieser Kisten steht Patrick Bedarf. Er arbeitet in der Gruppe Digitale Bautechnologien von Professor Benjamin Dillenburger und hat Ende September sein Doktorat abgeschlossen. Im Rahmen seiner Dissertation untersuchte er, wie sich leichte und isolierende Bauteile, insbesondere auch komplexere Formen, materialsparend herstellen lassen. Dafür griff er auf nachhaltiges Dämmmaterial zurück, welches das ETH-Spinoff FenX aus Industrieabfällen herstellt. «Deren Mineralschaum ist ein innovativer Baustoff, der zu einer klimafreundlicheren Industrie beiträgt», sagt Bedarf.
Der Schaum wird hauptsächlich aus Flugasche hergestellt - einem Abfallprodukt aus der Hochofenindustrie. «Den ersten Werkstoff-Zyklus hat das Material also bereits hinter sich. Und es lässt sich nach Gebrauch wieder einfach rezyklieren», sagt Bedarf und zerbröselt das kleine Stück, das er aus der Holzkiste hervorgekramt hat, zwischen seinen Fingern. «Das Material lässt sich nun für einen neuen Schaum wiederverwenden.»
Auch die Produktion der isolierenden Bauelemente sollte nachhaltig sein: Um weniger Material zu verbrauchen und die CO2-Emissionen zu senken, setzte der Doktorand auf 3D-Druck. «Anders als beim Giessen von Beton braucht es dazu keine Schalung. Diese herzustellen ist sehr aufwendig und lässt sich am Ende nur bedingt wiederverwenden», sagt Bedarf. Gerade bei der Herstellung von komplexen Geometrien sei der Abfall eine grosse Herausforderung.
«Ohne Automatisierung ist ressourcenschonendes Bauen sehr aufwendig und teuer.»
– Patrick Bedarf
Durch die Kombination von 3D-Druck mit Robotik lassen sich auch komplexe Bauelemente günstig herstellen, sagt Bedarf. «Ohne Automatisierung ist ressourcenschonendes Bauen sehr aufwendig und teuer, besonders wegen der Lohnkosten.»
Der Forscher zeigt erste Versuche von gedrucktem und gehärtetem Schaum. «Zum Beispiel dieses Stück hier, das aussieht wie eine Pizza», sagt er und zeigt auf eine flache Scheibe. «Am Anfang haben wir verschiedene solche kleinen <Pizzen> gedruckt, danach immer grössere Stücke, um zu schauen, ob 3D-gedruckter Schaum auch für grosse Anwendungen möglich ist.»
Wer im Robotiklabor einen handelsüblichen 3D-Drucker vermutet, sucht vergebens – der ganze Raum funktioniert als 3D-Drucker. Flexible Mischkammern sorgen für die richtige Mischung des Rohmaterials. Am Ende der Roboterarme, die von der Decke hängen, befinden sich Druckköpfe, aus denen das Material Schicht für Schicht auf das Druckbett aufgetragen wird. «Die Roboter können jeden vorher definierten Punkt im Raum präzise ansteuern», erklärt Bedarf. «Wir programmieren den Pfad und geben ihnen vor, wo sie entlangfahren sollen und wie schnell. Und wie viel Material in welcher Zeit an welcher Stelle aus dem Druckkopf rauskommen soll.»
Für die ersten Versuche hat Bedarf die Spezialbauteile mit Beton stabilisiert. Danach hat er es auch geschafft, allein mit dem Schaum stabile Bauteile herzustellen, wie der Prototyp des Projekts Airlements zeigt: ein zwei Meter hohes Eckstück aus vier 3D-gedruckten Segmenten. Die vier Einzelteile wurden mit Mörtel aneinandergeklebt und mit einem weissen zementfreien Putz besprüht.
Airlements - ein Wortspiel aus Luft und Elementen – besteht aus leichten Einzelteilen, die man von Hand heben und aufeinandertürmen kann. «Die Bauteile lassen sich in einer Fabrik drucken, danach bringt man sie zur Baustelle und platziert sie an der vorgesehenen Position», sagt Bedarf. «Um das Bauteil stabiler zu machen, würde man den hohlen Kern mit dichterem Schaum ausgiessen. So könnte das Bauteil dereinst auch tragende Funktionen übernehmen.» Bisher kann Airlements nur als isolierende Aussen- oder Innenwand eingesetzt werden.
Jedes Einzelteil des Prototyps wurde in weniger als einer Stunde gedruckt und härtete eine Woche lang in der Fertigungsumgebung bei einer kontrollierten Temperatur von 20 bis 28 Grad Celsius und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 20 bis 70 Prozent aus. Die Regulierung von Luftfeuchtigkeit und Temperatur war wichtig, damit das Material problemlos härten kann und nicht reisst.
Dafür hatte Bedarf eine spezielle Klimakammer entwickelt: ein grosses durchsichtiges Zelt, in dem der Roboter den vorgegebenen Druckpfad abfuhr. «Überall gab es Dunst und Staub, und es war heiss wie in einer Sauna», sagt er und weist darauf hin, dass es durch diese Produktionsmethode keine energieintensive Verarbeitung mehr braucht. «Dies ist ein Fortschritt gegenüber früheren Arbeiten mit zementfreien Mineralschäumen, die entweder mit Zement oder durch nachträgliches Brennen im Ofen gehärtet wurden.» Die gewellte Textur von Airlements sorgt während der Aushärtung und im Endzustand für zusätzliche Festigkeit.
Airlements könnte dereinst zum nachhaltigen Bauen beitragen: Zum einen senken isolierende Elemente den Energieverbrauch eines Gebäudes. Zum andern fällt durch den 3D-Druck viel weniger Abfall an als bei der herkömmlichen Fertigung von Bauteilen und es braucht keine klimaschädliche Betonschalung. Und schliesslich ist Airlements komplett zementfrei, was kreislauffähiges Bauen ermöglicht. «Das Element kann man, wenn es nicht mehr gebraucht wird, komplett schreddern und wieder zu Staub und zu neuem Schaum verarbeiten.»
Bedarf möchte Airlements nun zusammen mit FenX weiterentwickeln. Dafür soll in deren Fabrik in Turgi eine Produktionseinheit aufgebaut werden. «Wir werden die Tragfähigkeit und das Dämmverhalten genau analysieren, um herauszufinden, wie sich dieses Material als Wandelement in einem geschlossenen Raum verhält. Durch Infrarotmessungen möchten wir herausfinden, wo die Wärmedämmung noch besser sein könnte. Und wie sich Schwachstellen durch Anpassungen am Druckpfad beheben lassen.»
Nach seinem Doktorat arbeitet Bedarf im Bachelor-Kurs «Computational Design I&II» mit. Er freut sich, die nächste Generation von Architekten dafür zu begeistern, gleichzeitig geometrisch zu denken, aber auch mit Maschinen kommunizieren zu können. «Durch meine Arbeit mit Airlements habe ich viel über Baustoffe und den Einsatz von Informationstechnologie gelernt. Und eine grosse Freude entwickelt am Testen, welche Geometrien dadurch möglich sind. Es wäre schön, wenn ich andere anstecken kann.»
Der Prototyp Airlements, ein Eckstück einer Wand, besteht aus vier leichten Einzelteilen aus zementfreiem Mineralschaum. (Bild: Digital Building Technologies, ETH Zürich)
In diesem Zelt wurden die Airlements-Bauteile bei kontrollierter Temperatur und Luftfeuchtigkeit gedruckt und getrocknet. Links oben ist der Roboterarm mit dem Druckkopf zu sehen. (Bild: Digital Building Technologies, ETH Zürich)
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Zürich/Mulegns GR – Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) realisiert das weltweit höchste 3D-gedruckte Gebäude. Der in Mulegns gebaute weisse Säulenturm namens Tor Alva hat architektonische Bezüge zur dortigen Zuckerbäckertradition. Er ist 30 Meter hoch und besteht aus 124 gedruckten Einzelteilen.
(CONNECT) In Mulegns am Julierpass im Kanton Graubünden wird laut einer Mitteilung im Mai 2025 das höchste 3D-gedruckte Bauwerk der Welt eröffnet: Der 30 Meter hohe Turm Tor Alva. Er wurde von einem Forschendenteam der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) inmitten historischer Bauten entwickelt und soll mehr Touristen in den Ort bringen.
Der Turm ist 30 Meter hoch und besteht aus 124 gedruckten Einzelteilen. Die Architektur mit skulpturalen Säulen aus weissem Beton knüpfe optisch an die Bündner Zuckerbäcker an, welche dem Ort einst Wohlstand sicherten. Der Druck der Bauteile dauerte laut Mitteilung fünf Monate. Beim Aufbau im September 2024 war das das ETH-Spinoff Saeki mit einer 3D-gedruckten Schalung beteiligt, um die Bauteile zu verbinden.
Der Entwurf stammt von Benjamin Dillenburger, ETH-Professor für Digitale Bautechnologien und von Architekt Michael Hansmeyer in Zusammenarbeit mit den ETH-Professoren Robert J. Flatt und Walter Kaufmann. Sie nennen das Verfahren „Digitale Handwerkskunst“. Basis sei ein neuartiger Design-Algorithmus, der viele Formen in unterschiedlichen Variationen generieren kann. Zudem seien Unikate und massgeschneiderte Bauteile aus dem 3D-Drucker effizienter und kostengünstiger in der Herstellung.
Bei dem Verfahren wird das Material schichtweise aufgetragen und unterscheidet sich vom herkömmlichen Betonguss, welcher eine Schalung erfordert. Durch diese additive Fertigung lasse sich die Oberfläche frei gestalten. Das vom Escher Circle der ETH Foundation geförderte Bauprojekt könnte neue Erkenntnisse bringen bezüglich der Grenzen der schichtweisen Fertigung sowie darüber, wo die Vorteile des 3D-Drucks überwiegen.
Die Forschenden seien auch bei der Statik eigene Wege gegangen. An der Umsetzung mit verzweigten Elementen, die bis zum Kuppelraum immer schlanker werden und sich verästeln, war das Bauingenieurbüro Conzett Bronzini Partner beteiligt. Hausbau aus dem 3D-Drucker gebe es bereits. Tor Alva sei als erster imstande, Lasten zu tragen. Ermöglicht werde dies durch eine von Dillenburgers Gruppe entwickelten Innovation in Kooperation mit der ETH-Ausgliederung Mesh und Zindel United. ce/heg
Ein Team von Forschenden der ETH hat für Mulegns GR am Julierpass das höchste 3D-gedruckte Bauwerk der Welt entwickelt. Bild: Andrei Jipa/ETH Zürich
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Zürich – Forschende der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) haben einen Feuchtigkeit speichernden und klimafreundlichen Belag für Wände und Decken entwickelt. Dieser könnte zukünftig Klimaanlagen in Innenräumen ersetzen. Die Bauelemente werden aus wiederverwendbaren Materialien hergestellt.
(CONNECT) Ein Forscherteam der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) hat Bauelemente entwickelt, mit denen sich Räume entfeuchten lassen. Laut einer Mitteilung sind die Elemente in der Lage, Feuchtigkeit zu binden und damit temporär einzulagern. Die Wandelemente bestehen aus einem hygroskopischen Feuchtigkeit bindendem Material. Dieses ist in der Lage, bei Bedarf eine höhere Luftfeuchtigkeit in einem Innenraum aufzunehmen und anschliessend durch Lüften des Raumes wieder an seine Umgebung abzugeben. „Unsere Lösung empfiehlt sich für stark frequentierte Räume, für die die installierten Lüftungsanlagen ungenügend sind“, wird der Betreuer des Forschungsprojekts, Guillaume Habert, Professor für Nachhaltiges Bauen an der ETH, in der Mitteilung zitiert.
Die Bauelemente entstehen aus wiederverwendbaren Materialien, dabei kommen Abfälle aus Marmorsteinbrüchen zum Einsatz. Diese werden feinst vermahlen und mit einem Bindematerial, einem sogenannten Geopolymer, zu einem festen Baustoff verarbeitet. Das Geopolymer besteht dabei aus einer wässrigen Kaliumsilikatlösung und Metakaolin, welches traditionell bei der Herstellung von Porzellan verwendet wird. Produziert wird mittels 3D-Drucktechnik. Bei dieser Technik wird das Marmorpulver schichtenweise aufgetragen und mittels Geopolymer verbunden. „Mit diesem Verfahren lassen sich Bauteile in einem grossen Formenreichtum effizient herstellen“, heisst es von Benjamin Dillenburger, Professor für Digitale Bautechnologien der ETH. Bisher konnte das Team so Prototypen eines 20 mal 20 Zentimeter grossen und 4 Zentimeter dicken Wand- und Deckenelements herstellen. Die Forschenden sehen nach diesem Machbarkeitsnachweis Chancen, die Technologie auf industriellen Massstab zu skalieren. ce/eb
Die klimafreundlichen Bauelemente werden nachhaltig mit einem 3D-Drucker hergestellt. Bild aus von Video: Pietro Odaglia, Vera Voney / Professuren für Digitale Bautechnologien & Nachhaltiges Bauen
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